Ein Blog von Arno Abler
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Wie schön, ihn wieder einmal in seiner ganzen prototypischen Pracht erstrahlen zu sehen – den sozialistischen Geist der unerschütterlichen Staatsgläubigkeit und des ewigen Misstrauens gegenüber individuellem wirtschaftlichem Engagement.

In seinem Gastkommentar in der Presse vom 22.5.10 findet Österreichs Finanzstaatssekretär Andreas Schider rasch den Schuldigen an der Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrise – den raffgierigen, geifernden Spekulanten.

Einmal davon abgesehen, dass der Stand der globalen Zocker sich heute nicht mehr nach dem Klischee der 30er Jahre aus zigarrerauchenden, fahlgesichtigen Großkapitalisten sondern vor allem aus Pensionsfondsmanagern, staatlichen Eisenbahngesellschaften, den Staaten selbst und über den Umweg der Anlegerbanken auch aus zahllosen Arbeitern und kleinen Sparern zusammensetzt, erschüttert der Beitrag Schiders aufgrund seiner Ignoranz jedweder gesicherter, wirtschaftlicher Grundlagen.

Spekulation ist nichts anderes als eine simple Wette. Es gibt IMMER zwei, die gegeneinander halten. Der eine setzt auf steigende, der andere auf fallende Kurse, der eine glaubt an die Kraft einer Volkswirtschaft und deren Währung, der andere sieht das pessimistischer. Der Preis der Wette findet sich automatisch dort, wo die Überzeugungen ausgewogen aufeinanderprallen. Der eine gewinnt am Ende, der andere verliert. So ist das Leben!

Derzeit glaubt man halt global etwas weniger an den guten alten Euro als noch vor ein paar Monaten, womit der Preis eben derzeit sinkt. Die europäischen Staatenlenker geben ja mometan ihr Bestes, um diese Sicht zu verstärken. Der Grund ist jedenfalls nicht ein geheimnisvoller Metaspekulant, ein verschworener Haufen von Hedgefonds oder eine subversive Rating-Agentur, welche durch ein Medienkomplott der ganzen Welt falsche Tatsachen vorspiegeln, sondern die Tatsache, dass sich die Staaten des Euro-Raums, allen voran nun mal Griechenland, allzuviel Wohlfahrtsstaat geschultert haben. Jedes Milchmädchen weiß, dass man nicht mehr Schulden machen kann, als man zurückzuzahlen in der Lage ist. Tut man es trotzdem, wird man verklagt, gepfändet und schlimmstenfalls unter Verlust von Hab und Gut in den Konkurs geschickt.

Für Staaten schien das über Jahrzehnte nicht zu gelten. Der Not keinen Schwung! Die Segnungen des Wohlfahrtsstaats haben wir uns ja alle redlich verdient (wodurch eigentlich?). Ein jährliches Staatsdefizit von 3 % (grundsolides Maastricht-Kriterium) bedeutet immer noch, dass das Unternehmen „Staat“ Jahr für Jahr einen Verlust bilanziert. Dadurch werden die Schulden ständig mehr und mehr. Wohin das irgendwann führen muss, liegt wohl auf der Hand.

Natürlich müssen die Finanzmärkte geregelt werden. Selbstverständlich müssen Investment-Banken daran gehindert werden, too big to fail zu werden. Logisch brauchen Geld und Kapital ein Rahmengerüst, um die gesellschaftliche Ordnung nicht zu gefährden. Die grundlegendste Aufgabe des Staates ist es wohl, solide Rahmenbedingungen für das reibungslose Funktionieren des täglichen Lebens zu setzen und durchzusetzen. Seine Aufgabe ist es aber ganz sicher nicht, Geld auszugeben (oftmals scheint mir dieses Wort als etwas zu vornehm), das er nicht hat, und damit nachfolgenden Generationen eine Misere zu hinterlassen. Nach uns die Sintflut!

Natürlich mutet es zynisch an, wenn Bezieher niedrigster Einkommen hören, dass wir in Österreich auch auf zu großem Fuß leben. Dies trifft aber nicht für den Einzelnen sondern für den Staat als Ganzes zu und so ist es auch allenthalben gemeint. Dass es noch immer viele Menschen an der Armutsgrenze oder sogar darunter gibt, ist schließlich ebenfalls auf fehlende oder falsche Rahmenbedingungen des jeweiligen Staates zurückzuführen. Das lässt sich aber sicher nicht ändern, indem letzterer noch mehr Schulden anhäuft.

Der ökonomische Guru – von Marx mal abgesehen – der Sozialdemokratie, John Maynard Keynes, hat völlig zu Recht staatliches Deficit Spending gefordert. Heißt: In konjunkturellen Tälern soll der Staat Schulden machen, um durch zusätzliche Aufträge die Wirtschaft wieder anzukurbeln, in Zeiten der Hochkonjunktur soll er diese Schulden wieder zurückzahlen. Das dämpft die Konjunkturzyklen und führt zu nachhaltigem Wachstum. Stimmt schon. Leider haben aber so gut wie alle Staaten der westlichen Welt auf den zweiten Teil der Botschaft vergessen und auch in guten wirtschaftlichen Phasen fleißig weiter Schulden gemacht. Schließlich muss ja die zahlreiche Klientel befriedigt werden, die nächste Wahl steht ja immer vor der Tür.

Ich zitiere Sie, Herr Staatssekretär: „Nicht die Schulden haben die Krise verursacht, sondern die Krise die Schulden.“ Da verschlägt es einem den Atem. DAS ist zynisch! Dann ist wohl auch die Bank schuld am Konkurs eines Unternehmens, weil sie ihm zu viel Geld geliehen hat? Welche Krise ist denn dafür verantwortlich, dass wir (der Staat) Jahr für Jahr – Keynes würde sich im Grabe umdrehen – mehr Geld ausgeben als wir eigentlich erwirtschaften? Was gab es denn für eine Krise in den 70ern, als Ihr Parteikollege Bruno Kreisky staatstragend verkündete, dass ihm eine Million Schilling mehr an Staatsschulden lieber wären als ein einziger Arbeitsloser?

Also bitte, lieber Herr Staatssekretär, lernen Sie diesmal nicht Geschichte sondern das kleine Einmaleins der Ökonomie. Schließlich sind Sie ganz vorne mitverantwortlich für das Wohl und Wehe unserer Gesellschaft.

Arno Abler
arno@abler.woergl.at

Tags:
spekulation , staatsschulden

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