Ein Blog von Arno Abler
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Am 13. Mai jährte sich zum 200sten Mal die desaströse Schlacht bei Wörgl, in der rund 1000 Menschen an beiden Frontlinien ihr Leben verloren und ein erheblicher Teil des Dörfchens Wörgl niedergebrannt wurde.

Grund genug für die Schützen, Kameraden, Werte- und Traditionsvereine des verheerenden Ereignisses von 1809 zu gedenken, einen Kranz niederzulegen, eine Mahnwache vor dem Gefallenendenkmal, dem trauernden ‚Wörgler Rearer‘, zu stellen und am Grattenbergl, einem der Zentren des damaligen Schlachtgeschehens, eine Gedenkmesse zu feiern und eine Mahntafel aufzustellen.

Auf den ersten Blick mag das dem unbedarften Zuschauer so erscheinen, als wären diese Aufmärsche allein dazu da, die einstige verlustreiche Schlacht zu betrauern und die Helden zu verehren, aber damit würde er die Sache nicht komplett erfassen.

Natürlich sind die Traditionsvereine dazu da, die Ereignisse der Vergangenheit zu überliefern, zu tradieren, aber nicht, um sie zu verherrlichen, sondern um als gemeinsames Mahnmal daran zu erinnern, was schiefgelaufen ist in unserer Gesellschaft. Sie sollen uns stets ermahnen, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, ja, immer wieder darüber nachzudenken und Lösungen zu finden, welche mit unseren menschlichen Grundwerten konform sind.

Wir reden hier also über Werte und nicht über Kriege. Nicht umsonst hat Wörgl das Jahr 2009 zum Jahr der Werte erklärt und führt mit einem bunten Reigen von Veranstaltungen an dieses Thema heran. Was sind denn aber nun diese Werte, die so wichtig sein sollen? Ich möchte hier drei Kategorien unterscheiden:

Zum ersten die Modeströmungen: Diese Werte drücken sich beileibe nicht nur in der Kleidung aus sondern vor allem auch in der Sprache und Kommunikation, den Gewohnheiten, Treffpunkten oder im Vereinsleben, sind meist nicht sehr nachhaltig, werden kaum emotional verteidigt, dienen aber dazu, die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen zu symbolisieren. Manche Werte der Jugend sind zum Beispiel ganz andere als die der Erwerbsgesellschaft, aber auch die der älteren Generation.

Schwierig wird es bei den gesellschaftlichen Werten: Vordergründige religiöse Riten und Regeln, Ideologien aber auch Heimatverbundenheit und Kultur sind durchaus legitim und sogar wichtig für das Funktionieren ganzer Staaten, Kulturkreise oder Religionsgemeinschaften. Sie bergen aber, wenn man nicht vorsichtig mit ihnen umgeht, die enorme Gefahr, mit den echten Grundwerten verwechselt zu werden und wie Götzenbilder im Kampf gegen Andersdenkende als Rechtfertigung für Gewalt, Grausamkeit und Unmenschliches zu dienen. Diese Werte gründen nicht sehr tief im ethischen Boden, sind aber identitätsstiftend und daher sehr stark emotional verankert. Die Folge dieser Fehleinschätzung sind Ausländerfeindlichkeit, Rassenressentiments, kulturelle Überheblichkeit, internationale Konflikte und Religionskriege. Diese Werte haben in der Geschichte der Menschheit den mit Abstand größten Schaden angerichtet und ich glaube sogar, dass es die Hauptaufgabe der Menschheit ist, wenn es denn eine Aufgabe gibt, diese Ebene der Werte irgendwann zu überwinden.

Damit sind wir bei den fundamentalen Grundwerten der Menschheit angelangt, die sich wenig überraschend auch mit den wahren Grundwerten aller Weltreligionen decken, bei jenen Werten, die tief im Leben verankert und schlechthin die Basis der Menschlichkeit sind. Diese Werte stehen nicht zur Disposition, sie aufzugeben bedeutet zugleich aufzuhören, Mensch zu sein.

Ich habe für mich dabei drei Ankerwerte identifiziert, aus denen zahlreiche andere abgeleitet werden:

- Die persönliche Integrität nach innen.
Sie bedeutet nichts anderes als zu versuchen, ein guter Mensch zu sein. Darauf bauen Ehrlichkeit, Zufriedenheit, Gerechtigkeit, Bescheidenheit aber auch Bildungs- und Lernbereitschaft auf.

- Die Wertschätzung dem Mitmenschen gegenüber.
Sie gebietet, jedem Menschen ohne Ansehung von Rasse, Religion, Stand oder Kultur in Achtung und positiver Grundhaltung gegenüberzutreten. Davon leiten sich Toleranz, Vertrauen, Ehre oder Würde ab.

- Die Solidarität gegenüber der gesamten Menschheit.
Sie verlangt die aktive Anteilnahme an der Durchsetzung der Grundwerte und der Verbesserung unserer Welt. In ihrem Gefolge finden wir Altruismus, Zivilcourage, Engagement und Verantwortung.

Das Jahr der Werte soll uns Anlass sein, über diese Dinge nachzudenken und uns mit unseren persönlichen Werten, mit den Werten unseres Umfelds, unserer Gemeinde, Kultur und Gesellschaft und mit den echten Grundwerten auseinanderzusetzen. Dazu lade ich Sie ganz herzlich ein!

Arno Abler
Bürgermeister der Stadt Wörgl
a.abler@stadt.woergl.at

Tags:
werte , tradition , wertejahr , 1809

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