Ein Blog von Arno Abler
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Kaum eine Woche vergeht, wo nicht in irgendeiner Gazette oder einem Blog über die notwendige Österreichische Verwaltungsreform gezetert wird. Was auf den ersten Blick vernünftig und dringend notwendig anmutet – wird bei näherem Betrachten rasch ein wenig skurril. Warum? Weil dabei meist etwas ganz anderes gemeint ist als gesagt wird.

Wer könnte etwas dagegen haben, überkommene Behörden, denen oft noch ein wenig das ehrwürdige Flair aus K.u.K.-Zeiten anhaftet, ordentlich zu entstauben und den Anforderungen des modernen Lebens anzupassen? Wer würde es ablehnen, die öffentliche Verwaltung auf allen Ebenen effizienter, leistungsfähiger, schneller und besser zu machen?

Soweit kommt die Diskussion aber gar nicht, denn gleich am Beginn wird stets von missionarischen Zentralisten gebetsmühlenartig die Abschaffung der Bundesländer eingefordert. Zugegeben, so deutlich sagt das kaum einer. Aber wenn die Verwaltungsreform stets an die Vereinheitlichung des Bildungswesens, des Gesundheitswesens, der Bau- und Raumordnung oder der Wohnbauförderung angeknüpft wird, ist das Endziel kein Geheimnis.

Rasch hat man dann auch die Schuldigen am Scheitern der großen Verwaltungsreform gefunden, nämlich die eigensinnigen Landeshauptleute, die ihre feudal beherrschten Landstriche einfach nicht der Krone überantworten wollen.

Aber bleiben wir sachlich! Was hier als hehre Verwaltungsreform ins Treffen geführt wird, ist in Wahrheit eine Verfassungsreform, und die brauchen wir nicht. Im ersten Absatz des Artikel 2 unserer Bundesverfassung steht klar und deutlich: „Österreich ist ein Bundesstaat.“ Und das soll auch so bleiben, hat es uns doch zu einem der reichsten, vielfältigsten, differenziertesten und damit erfolgreichsten Länder der Welt gemacht. Subsidiarität ist sogar ein europäisches Grundprinzip!

Aber Staatsreform hin oder her! Das föderalistische Prinzip hindert uns in keiner Weise daran, tatsächlich unsere Verwaltungen zu reformieren. Es gibt hier unendlich viel zu tun, ohne gleich das Kind mit dem Bad auszuschütten.

Ein Beispiel: Das Zentrale Melderegister wurde vor kurzem installiert, um endlich in ganz Österreich zu wissen, wer sich wo gewöhnlich aufhält. Wozu braucht es dann immer noch Meldebestätigungen, die von einer Behörde zeitaufwändig erstellt und dem Bürger ausgefolgt werden, damit sie dieser zu einer anderen Behörde hintragen kann, die ebenfalls das ZMR benutzen könnte. Wenn man seine Wohnadresse ändert, genügt es beileibe nicht, sich am Gemeindeamt umzumelden. Nein, auch KFz-Behörde, Waffenscheinregister, Vereinsregister, Wirtschaftskammer, Krankenkasse und viele andere Ämter, Behörden und Organisationen möchten separat davon in Kenntnis gesetzt werden.

In vielen österreichischen Amtsstuben wiehert immer noch ganz gerne der Amtsschimmel. Bestätigungen, Beglaubigungen, Identitätsnachweise und viele andere bedeutsame Zettel werden im Zeitalter von EDV und Internet noch immer mannigfaltig hin und her gereicht und beschäftigen eine Heerschar an Beamten und noch viel mehr resignierte Bürger und Unternehmen.

Nicht falsch verstehen! Es ist schon viel Positives passiert in der Bürokratiehochburg Österreich. Die Verwaltung ist im internationalen Vergleich sehr modern, befindet sich auf einem guten Weg und genießt weltweit höchste Anerkennung. Aber es wäre noch viel mehr möglich, ohne vorher unbedingt die Landtage aufzulösen.

eGovernment heißt das Zauberwort! Immerhin ist Österreich in dieser Disziplin seit 2006 ununterbrochen Europameister.

Durch moderne elektronische Verfahrensabwicklung verbessert sich nicht nur die Effizienz und Transparenz der Verwaltung sondern wird auch eine bisher ungekannte Abwicklungsqualität auf Augenhöhe mit den Bürgern, den Kunden der Verwaltung, erreicht. One-Stop-Government erübrigt das Pilgern von Pontius zu Pilatus, das Rathaus ist über Online-Zugänge rund um die Uhr von Zuhause aus geöffnet, moderne Expertensysteme beraten den Kunden zielgenau über die in der aktuellen Lebenssituation zu setzenden Schritte.

Intern zwingt der stringente, prozessorientierte Ansatz von eGovernment die Behörden, ihren Leistungskatalog kritisch zu evaluieren sowie die Verwaltungsabläufe vom Staub der Jahrhunderte zu befreien und zu standardisieren. Viel Sand wird damit aus den malträtierten öffentlichen Getrieben geschaufelt, die danach wieder schnurren, als wären sie neu.

Der bedeutendste Effekt moderner eGovernment-Systeme ist jedoch die friktionsfreie Kooperation zwischen den Behörden. Keine Briefe müssen mehr zwischen den Gemeindeämtern und dem Landhaus oder der Bezirkshauptmannschaft verschickt werden. Es genügt ein Klick mit der Maus. Gemeinden können sich spezialisieren, qualifizierte Mitarbeiter besser auslasten und für andere Kommunen Aufgaben mit übernehmen, die dadurch wiederum ihren eigenen Verwaltungsapparat straffen. Welch hochkarätige Rationalisierungsjuwelen liegen hier noch im Sand vergraben.

Wir sollten also pragmatisch die Ärmel hochkrempeln und all diese naheliegenden Reformschritte der österreichischen Verwaltung wacker anpacken, bevor wir beginnen, unseren Staat umzubauen.

Arno Abler
arno.abler@communalconsult.at

Tags:
egovernment , verwaltungsreform

Derzeit führt die Stadt Wörgl eine Verwaltungsreform durch, deren Ziel echtes eGovernment für die Stakeholder der Gemeinde (Bürger, Vereine, Wirtschaft, Politik und Verwaltung) ist.

Der erste Schritt ist die Evaluierung der zahlreichen Prozesse (Aufgaben), welche die Stadtverwaltung laufend zu absolvieren hat. Von der Hundeanmeldung bis zur Abwicklung eines komplexen Bauverfahrens reicht die Palette, die auf lieb gewonnene Gewohnheiten genauso abgeklopft wird wie auf rechtliche Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung.

All diese Prozesse werden danach in ihrer neuen schlanken und transparenten Form in einen so genannten elektronischen Akt (ELAK) übertragen und künftig als Workflow elektronisch abgearbeitet. Dadurch kann einerseits nichts mehr verloren gehen oder unter Stapeln dringlicher Agenden Monate unerledigt schlummern, andererseits wird eine bisher ungekannte Transparenz möglich, bei wem seit wann in welchem Stadium welcher Aktenfall gerade liegt.

Dabei ist ein unverhohlenes Ziel natürlich die Straffung der städtischen Agenden und die Entstaubung von überliefertem Beiwerk. In Zeiten finanzieller Engpässe muss es Ziel einer modernen Verwaltung sein, die Kosten so weit wie möglich zu straffen, ohne dabei die Qualität der Arbeit zu schmälern. Nachdem die öffentliche Verwaltung beispielgebend keine Mitarbeiter entlassen sollte, heißt daher die Devise: Natürliche Personalabgänge werden nach Möglichkeit nicht nachbesetzt. Dafür ist natürlich notwendig, die Abläufe so zu rationalisieren, dass dies ohne Mehrbelastungen für die verbleibenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich ist.

Am Ende der Verwaltungsreform steht dann das echte eGovernment, die Möglichkeit für den Bürger, online in seine Akten Einsicht zu nehmen, den Stand seiner Verfahren abzurufen, Eingaben in Echtzeit zu machen und auf Anfragen und Ergänzungsaufträge sofort über das Internet zu reagieren. Dabei hilft uns die Tatsache, dass Wörgl als eine von 16 österreichischen Referenzstädten an vorderster Front für die bundesweite Unterstützung dieser Entwicklung ausgewählt wurde. Der Weg ist noch weit, aber wir haben dieser Tage die ersten forschen Schritte getan.

Arno Abler
Bürgermeister der Stadt Wörgl
a.abler@stadt.woergl.at

Tags:
ELAK , verwaltungsreform , egovernment

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