Ein Blog von Arno Abler
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Selten habe ich eine unverantwortlichere Forderung gehört wie dieser Tage nach der 35-Stunden-Woche von den Grünen. Gottseidank sitzen die nicht in der Regierung, sonst müsste man sich wirklich Sorgen machen.

Eine Wirtschaftskrise entsteht, weil zu WENIG gearbeitet wird, nicht zu viel. Zu glauben, dass man durch die Kürzung der Arbeitszeit der in Beschäftigung stehenden Bevölkerung – natürlich bei vollem Lohnausgleich – den Beschäftigungslosen die verbleibende Arbeit zuschanzen kann, ist eine naive Illusion.

Der Arbeitsmarkt richtet sich genauso nach Angebot und Nachfrage wie der Güter- und Dienstleistungsmarkt. Ein höherer Preis (oder höhere Personalkosten für die Unternehmen) verursachen IMMER einen Rückgang der Nachfrage (nach Waren wie nach Arbeitskräften). Damit steigt die Arbeitslosigkeit weiter an, weil die Unternehmen versuchen (müssen), die höheren Kosten durch Rationalisierungen zu kompensieren. Auch eine Abgabenentlastung der Arbeit, die durchaus wünschenswert wäre, würde irgendwo (Arbeitslosengeld, Pensionen, Familienlastenausgleichsfonds) zu Budgetlöchern führen, die wir mit neuen Steuern stopfen müssten.

Das Problem ist nicht der Mangel an Arbeit – in einer arbeitsteiligen Gesellschaft gibt es grundsätzlich für JEDE und JEDEN etwas zu tun. Das Problem ist die Allokation der Arbeit. Durch das plötzliche Platzen der Finanz- und Immobilienblase wurde der träge Arbeitsmarkt kurzfristig massiv beeinträchtigt, sodass das Auffinden neuer Beschäftigungsfelder über längere Zeit zu Arbeitslosigkeit führt. Aber auch die Allokation der Arbeitsplätze bei einer Verkürzung der Regelarbeitszeit würde erheblich Zeit brauchen (Fachkräfte fehlen, Ausbildung fehlt, Arbeitsort stimmt nicht, Information fehlt, etc.), sodass der einzige kurzfristige Effekt eine weitere Verringerung der gesamtstaatlichen Wertschöpfung wäre (Sinken des BIP = Wirtschaftsrückgang = Verstärkung der Rezession).

Der Staat muss vielmehr dafür sorgen, dass so rasch wie möglich neue Arbeits- und Betätigungsfelder für die zunehmenden freien Arbeitsressourcen gefunden und durch Förderungen bereitgestellt werden. Das wäre für mich die Kernaufgabe des Staates schlechthin. Hierfür gibt es viele sinnvolle Beispiele in unserer Gesellschaft, die nachhaltig und zukunftsträchtig wären, wie die Entwicklung erneuerbarer Energien, Altenpflege, Gesundheitsvorsorge, Kommunikation, Bildung und Wissensvernetzung. Alles ist dabei sinnvoll, was die Produktivität unserer Volkswirtschaft erhöht und damit zu neuem, sinnvollem Wirtschaftswachstum führt.

Wir müssen mehr, nicht weniger arbeiten, um aus der Flaute zu kommen, und wir müssen dabei das Richtige tun. Überkommene Industrien zu fördern wie beispielsweise die Automobilindustrie, die aus Sättigungsgründen mit ihren Überkapazitäten nur mehr durch extreme Marketinganstrengungen ihre Produkte unters Volk bringt, kann man nur unter dem Gesichtspunkt erklären, dass dort die meisten Wähler nach Hilfe schreien. Gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist das jedenfalls nicht! Zäsuren wie die gegenwärtige Krise sind gleichzeitig Chancen zur Neuorientierung der Wirtschaftslandschaft. Diese Chancen muss man aber auch erkennen und ergreifen.

Ich empfehle allen nationalen Entscheidungsträgern, sich ein wenig mehr mit der Makroökonomik zu beschäftigen, bevor sie plakative und kontraproduktive Forderungen hinausposaunen.

Arno Abler
Bürgermeister der Stadt Wörgl
a.abler@stadt.woergl.at

Tags:
35-stunden-woche , staat , wirtschaft , wirtschaftskrise

Derzeit wird unser städtischer Haushalt von der Realität überholt. Haben wir gerade erst den Kassasturz vorliegen, der eine sehr positive Bilanz für die Stadt Wörgl zum Jahresbeginn zeigt, so schlägt sich jetzt die Wirtschaftskrise voll auf die Gemeindefinanzen durch.

In den letzten Tagen mehren sich die positiven Einschätzungen in der Weltpresse, dass die Finanzkrise langsam dem Ende zugeht, es Zeichen der Erholung an den Börsen und Finanzmärkten gibt und der Boden des massiven Einbruchs gefunden ist. Leider bedeutet das aber nicht, dass auch die Rezession in der Realwirtschaft bereits vorbei ist. Im Gegenteil wird hier das dicke Ende mit einer spürbaren Zunahme der Arbeitslosigkeit und einem entsprechenden Sinken der Kaufkraft erst kommen, so wie auch der Beginn der realen Krise erst ein halbes Jahr nach dem Bankencrash eingesetzt hat.

Das letzte Merkblatt des Landes Tirol lässt in den Gemeindestuben des Landes daher keine Freude aufkommen. Die Abgabenertragsanteile, die Steuereinnahmen, welche auf die Gebietskörschaften Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt werden, gehen wesentlich drastischer zurück als ursprünglich prognostiziert. Für heuer wird dabei ein Rückgang von 2,8 %, für nächstes Jahr sogar von 3,6 % erwartet. Dazu kommt, dass auch die Kommunalsteuer, die ja unmittelbar mit der Anzahl der Arbeitsplätze in der Gemeinde zusammenhängt, in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit stagniert bzw. sogar sinkt. Bei uns in Wörgl gab es bisher gottlob keine großen Insolvenzen, aber vor allem die heimische Transport- und Exportwirtschaft leidet unter massiven Auftragsrückgängen. Viele Betriebe haben längst auch bei uns damit begonnen, natürliche Abgänge im Personalstand nicht mehr nachzubesetzen. Die Beschäftigungsquote geht daher zurück.

Die Stadt Wörgl ist trotz der immer noch vergleichsweise starken heimischen Wirtschaft von dieser Entwicklung ebenso betroffen und hat mit konkreten Maßnahmen auf diese Entwicklung zu reagieren. Wir haben zwar in den letzten Jahren erhebliche Rücklagen bilden können, die uns auch bei weiteren schlechten Nachrichten die ordentliche Abwicklung unserer Aufgaben ermöglichen. Diese Reserven sollen aber für wirkliche Notfälle da sein und nicht zur Aufrechterhaltung eines sorglosen „business as usual“. Wir müssen also handeln.

Was ist nun konkret zu tun, um die schwierige Zeit unter Aufrechterhaltung der städtischen Wohlfahrt unbeschadet zu überstehen?

Die Stadt darf und wird kein Personal abbauen. Soll sie doch einerseits als Arbeitgeber Vorbild sein und zur Stabilität des Arbeitsmarkts ihren Beitrag leisten, ist es gerade in schwierigen Zeiten wichtig, eine effiziente Verwaltung aufrecht zu erhalten und außerdem das vielfältige Know-How der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bewahren. Aber die kommunalen Einrichtungen müssen so wie die Privatwirtschaft ihren Personalkostenfaktor verbessern, weshalb es vorläufig keine freiwilligen Zusatzleistungen geben kann und auch bei uns durch geeignete Maßnahmen natürliche Personalabgänge nach Möglichkeit nicht nachbesetzt werden dürfen.

Dazu ist unbedingt die Evaluierung sämtlicher städtischer Aufgabenprozesse in Hinblick auf ihre Effizienz und Zweckmäßigkeit notwendig, welche wir vor Kurzem begonnen haben. Die Abwicklung der Gemeindeagenden muss gestrafft, überlieferte Gewohnheiten auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft und die Transparenz der Verfahrensabwicklung verbessert werden. Wir führen sozusagen eine kommunale Verwaltungsreform durch.

Alle geplanten Investitionen und Anschaffungen im einmaligen Haushaltsbereich müssen auf ihre Notwendigkeit und Dringlichkeit hin überprüft und einer Priorisierung unterzogen werden. Projekte, die nicht absolut dringlich sind, müssen vorläufig zurückgestellt werden.

Der laufende Haushalt ist auf mögliche Einsparungspotenziale zu untersuchen und besonderes Augenmerk auf strikte Budgetdisziplin zu legen. Dabei kann es auch bei Förderungen, freiwilligen Leistungen und Subventionen kein Tabu geben. Eine Schuldaufnahme für die Finanzierung des laufenden Betriebs darf und wird es jedenfalls nicht geben.

Bei jeder konkreten Maßnahme muss allerdings abgewogen werden, ob die Auswirkungen in einem zumutbaren Verhältnis zu den Einsparungen stehen. Wir müssen verantwortungsvoll und mit Augenmaß auf die Krise reagieren und dürfen dabei nicht das Kind mit dem Bad ausschütten. Nach jedem Regen folgt irgendwann Sonnenschein und nach jeder Krise geht es irgendwann wieder bergauf. Bis dahin haben wir aber unsere Hausaufgaben zu machen.

Arno Abler
Bürgermeister der Stadt Wörgl
a.abler@stadt.woergl.at

Tags:
stadtfinanzen , wirtschaftskrise

Die Wirtschaftsforscher sind sich seit einiger Zeit in einem Punkt einig, nämlich dass ihre bisherigen Prognosen immer zu optimistisch waren. Die Vorschaudaten werden daher immer wieder nach unten korrigiert, so als ob es zumutbarer wäre, wie kürzlich ein Kolumnist in einer österreichischen Tageszeitung geschrieben hat, einem Hund seinen Schwanz in kleinen Stücken abzuschneiden als im Ganzen.

Die Krise, die wir in unseren Breiten trotz täglich veröffentlichter Insolvenzen noch immer als Wetterleuchten im Gebirge wahrnehmen, hat neben der bereits früher erwähnten psychologischen Dimension – ein paar vorsichtige Bremsmanöver führen zu einem heillosen Stau auf der Autobahn – mehrere Ursachen, die man einzeln analysieren muss:

Zum einen war es das bekannte und allseits kommentierte Versagen der Finanzmärkte, die in den letzten Jahren eine enorme Inflation erfahren haben. Diese ist in der Realwirtschaft nicht wahrgenommen worden, weil der Warenkorb, der den Verbraucherpreisindex und damit unsere geläufige Inflationsrate bemisst, keine Finanzprodukte enthält. Sichtbar war sie aber trotzdem in den rasant steigenden Aktienkursen, den unübersichtlichen Finanzderivaten, die ständig neue Höchstrenditen versprachen und den ständig steigenden Immobilien“werten“, die leichtfertig zu neuer Verschuldung der Eigentümer führten. Geld war ohne Ende vorhanden, aber leider nur in Form von „Spielgeld“. Die bilanzierten Positionen entsprachen nicht dem echten Wert im Gefüge der Realwirtschaft. Diese Blase ist geplatzt und wir brauchen eine Reform des Geld- und Finanzsystems.

Dazu trug auch entscheidend bei, dass die – zumindest westliche – Welt immer mehr auf Pump lebte, die Staatsverschuldung allenthalben zunahm, die Sparquoten sanken und das Geld in Saus und Braus für Dinge ausgegeben wurde, die eigentlich niemand braucht. Ich rede hier nicht einer neuen Askese das Wort. Es geht nicht darum, unser sauer Verdientes zurückzulegen und irgendwann zu vererben, sondern darum, zu überlegen, wofür wir es am besten ausgeben sollten?

Ich führe hier einfach ganz frech den Begriff des ‚Nutzenkoeffizienten (NK)‘ ein, einer Maßzahl dafür, wie nützlich ein Produkt oder eine Dienstleistung am Markt gesamtwirtschaftlich ist. Güter wie Nahrungsmittel, Bekleidung und ein Dach über dem Kopf haben solange einen Nutzenkoeffizienten von Eins als man sie zum Überleben braucht. Das Grattenbergl um zwei Meter zu versetzen, würde zwar viele Arbeitsplätze schaffen, hätte aber einen NK von Null, weil es völlig sinnlos wäre und absolut keinen volkswirtschaftlichen Nutzen stiften würde. Ein hoher Nutzenkoeffizient ergibt sich vor allem überall dort, wo die Produktivität der menschlichen Leistungen gesteigert werden kann.

In den letzten Jahren hat die industrialisierte Welt als Vorreiterin der Weltökonomie nach dem einfachen Motto „Immer mehr vom Gleichen“ in vielen Branchen keine wesentliche Produktivitätssteigerung mehr erzielt. Die Autos sind zwar sicherer, technisch leistungsfähiger und effizienter geworden aber sie fahren seit vielen Jahrzehnten mit dem gleichen fossilen Treibstoff, bewegen immer noch die zehnfache Masse für meist nur einen einzigen Fahrer durch die Gegend, fahren schneller als sie dürfen, brauchen gleich viel Platz in der Innenstadt wie eh und je und sind außerdem ohnehin schon überall ausreichend verfügbar. Mehr vom Gleichen, auch wenn ständig verbessert, lässt den NK sinken und birgt die Gefahr, dass darauf bei Unsicherheiten leicht verzichtet wird. Das neue Auto kann ruhig noch zwei Jahre warten.

Grundsätzlich gibt es in einer arbeitsteiligen Gesellschaft für jede und jeden (!!) etwas zu tun. Das ergibt sich aus der Logik, dass die zu verteilende Wertschöpfung einer Gesellschaft und damit auch das durchschnittliche Einkommen mit jedem Einzelnen, der dazu seinen Beitrag leistet, wächst. Dass es trotzdem Arbeitslosigkeit gibt, ist nicht notwendiger Teil des Systems, sondern ist ausschließlich auf falsche Rahmenbedingungen zurückzuführen.

Eine davon ist die fehlende Steuerung von Arbeitsressourcen in neue Geschäftsfelder mit hohen Nutzenkoeffizienten wie zum Beispiel im Umweltschutz, im Sozialbereich, in der Bildung und auf dem Feld der erneuerbaren Energie. Auch das Internet birgt noch enorme Produktivitätssteigerungen, die zahlreiche sinnvolle Arbeitsmöglichkeiten eröffnen werden. Ich lade daher ein, aktiv auf die Suche nach diesen neuen Branchen und Betätigungsfeldern zu gehen, die qualitatives Wirtschaftswachstum anstelle des Immer-Mehr versprechen. Nicht nur die Umwelt, auch die nachfolgenden Generationen werden es uns danken.

Ihr Bürgermeister
Arno Abler
a.abler@stadt.woergl.at

Tags:
arbeitsplätze , wirtschaftskrise

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