Ein Blog von Arno Abler
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Was für ein provokanter Titel für diesen Blogbeitrag! Und ich muss sogleich klarstellen, bevor der Sturm der Tiroler Landwirte über mich hereinbricht, dass ich nicht den heimischen Bauernstolz oder ein mangelndes politisches Gewicht der Tiroler Landbevölkerung meine sondern einzig eine selbstbewusste Markenpflege für Tiroler Lebensmittel.

Anlass für diese Zeilen ist die sehr erfreuliche und vernünftige Firmenfusion der TirolMilch bei uns in Wörgl, die für das Unternehmen viele Synergieeffekte bringt und die Produktion und Vermarktung unserer Tiroler Flaggschiff-Milchmarke massiv verbessern wird.

Aber was man neben den stolzen Berichten über den Neubau in Wörgl und das innovative Betriebskonzept der TirolMilch immer wieder durchhört, ist die existenzielle Sorge der Tiroler Landwirte über den niedrigen Milchpreis einerseits und das drohende Auslaufen der EU-Milchwirtschaftsförderung andererseits.

Die Situation ist schnell erklärt: Solange Milch gleich Milch ist, gibt es mehr oder weniger einen Einheits-Milchpreis, der sich bei den Endverbrauchern wie immer nach Angebot und Nachfrage richtet. Und nachdem mehr Milch produziert wird als in den Förderquoten festgelegt ist, sinkt der Preis. So simpel ist das.

Nun könnte man sicher in Tirol die Menge drosseln, was aber angesichts der 150 Mio. Tonnen, die in der EU jährlich produziert werden, so gut wie keinen Effekt hätte. Die zweite Lösungsmöglichkeit des Problems liegt aber viel näher:

Milch ist nicht gleich Milch!

Tiroler Milch wird mit den feinsten Almgräsern der Welt produziert, mit dem saubersten und besten Quellwasser, das man sich wünschen kann, und in kleinstrukturierten, liebevoll geführten Bauernhöfen, auf denen jede Kuh individuell betreut wird und noch einen Namen hat.

Diese einzigartigen Rahmenbedingungen sollten wir endlich selbstbewusst in die Waagschale werfen und eine Marke von Tiroler Milchprodukten kreieren, die man sich leisten können muss. Diese hochwertigen Produkte sollten in den Gourmet-Abteilungen Europas stehen und nicht in 2-zum-Preis-von-1-Dumping-Manier verschleudert werden. Milch, Butter und Käse aus Tirol könnten in edel designten Verpackungen als Luxusware hochpreisig europaweit die Speerspitze der Qualitäts-Lebensmittel bilden. Viele Menschen können es sich immer noch leisten, für kompromisslose Spitzenqualität erheblich mehr zu bezahlen als für das übliche Nahrungsmittel-Einerlei. Und sie würden das auch gerne tun, wenn sie die Wahl hätten.

Milchprodukte und natürlich genauso Obst, Gemüse, Fleisch und all die anderen hervorragenden Produkte aus Tirol könnten in einem Atemzug genannt werden mit Schinken aus Parma, Trüffel aus dem Piemont, Schokolade aus Belgien, Wein aus dem Bordeaux oder Schaumwein aus der Champagne.

Dazu müssen sich die Tiroler Bauern nur entscheiden, sich vom Tropf der EU-Förderungen zu lösen und sich strengen Produktionskriterien unterwerfen, die aber nirgends so leicht erfüllt werden könnten, als im klimatisch und landschaftlich gesegneten Tiroler Land. Das Label „Bio“ sollte unseren Landwirten dabei nur ein müdes Lächeln Wert sein. Natürlich geht so etwas nicht von heute auf morgen, aber man kann ja mit einer kleinen Gruppe beginnen, eine exklusive Marke innerhalb der TirolMilch und die Kriterien für die Produktion definieren und dann immer mehr Produzenten in den elitären Reigen aufnehmen, die ihre Zukunft ebenfalls nicht von der EU abhängig machen sondern selber in die Hand nehmen wollen.

Nur Mut, liebe Bauern, vom Jammern wird nichts auf dieser Welt besser. Nur beherzt voran geschritten kommen wir der Zukunft näher. Und diese kann für uns in Tirol sehr erfolgreich sein, wenn wir es wollen. Mander 's isch Zeit!

Arno Abler
Bürgermeister der Stadt Wörgl
a.abler@stadt.woergl.at

Tags:
milchpreis , eu-förderungen , landwirtschaft , tirol-milch

Dass die Tirol-Milch dieser Tage ihren 80. Geburtstag feiert, freut mich, ist sie doch einer der größten Arbeitgeber in der Stadt Wörgl und das Flaggschiff der Tiroler Milchwirtschaft. Leider kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in der Milchbranche derzeit massive Probleme gibt.

Der Milchpreis befindet sich im freien Fall und reagiert damit, wie in Märkten üblich, auf sinkende Nachfrage und ein steigendes Angebot. Die kleinen Landwirtschaftsbetriebe können so aber nicht kostendeckend arbeiten und bangen um ihre Existenz. Längst haben aber die Verantwortlichen gewusst, dass die Milchquotenregelung und die Preisstützung in der EU dem Ende zugehen und man sich auf die freien Marktmechanismen einstellen muss. Trotzdem hat man kaum reagiert. Irgendwie wird's schon weitergehen, scheint die Devise der landwirtschaftlichen Vogel-Sträuße gewesen zu sein. Irgendwie erinnert mich das an den Bauarbeiter, der vom Gerüst des Hochhauses fällt und in Höhe des ersten Stockes zu sich sagt: "Bis jetzt ist ja alles gut gegangen!"

Die Milchquoten und -preisstützung sind ein Relikt aus Zeiten der Planwirtschaft, die längst gescheitert ist. Der Markt muss auf Veränderungen in der Nachfrage reagieren, im Konkreten durch Änderung der Bewirtschaftungsgrundlage von der Milchwirtschaft zur Muttertierhaltung, Schweine-, Hühner- oder Truthahnzucht - oder was auch sonst immer Nachfrage findet. Es kann doch nicht sonnvoll sein, mit EU-Geldern die Milchproduktion zu fördern und dann die Milch wegzuschütten!

Die Bauern hätten längst auf den unvermeidlichen Weg ins Unternehmertum vorbereitet werden müssen und durchaus auch können. Nach versäumten Jahren wird die Landung wohl immer härter werden. Dabei sind die Landwirte besonders wichtig für die heimische Wirtschaftsstruktur, Landschaftspflege, den Tourismus und die Nahrungsmittelversorgung. Aber wenn starre Strukturen auf den globalen Markt treffen, können sie nicht bestehen. Wenigstens jetzt, angesichts der dramatischen Entwicklung des Milchpreises, muss endlich mit einer konkreten Strategie reagiert werden. Ich werde in einem der nächsten Beiträge hier einen konkreten Vorschlag machen.

Arno Abler
Bürgermeister der Stadt Wörgl
a.abler@stadt.woergl.at

Tags:
milchwirtschaft , bauern , tirol-milch , wirtschaft

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