Ein Blog von Arno Abler
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Tyrol-Tower Wörgl - Die Hintergründe

Kaum ein Projekt hat in der Öffentlichkeit solche Aufmerksamkeit bekommen wie der geplante Tyrol-Tower im Kreisverkehr Wörgl-Nord. Und wenn auch in Wörgl und Umgebung fast jeder und jede aus Politik, Wirtschaft, Tourismus und Bevölkerung das mutige Bauwerk positiv beurteilt, gibt es vor allem aus Innsbruck und dem Tiroler Oberland Ressentiments.

Das Hauptargument kann man in einem Satz zusammenfassen: "So ein Turm passt nicht zu uns nach Tirol und wenn schon, dann sollte er in Innsbruck stehen!" Dann kommt gelegentlich noch ein Vergleich mit Alpbach, das es geschafft hat, bis heute die Tiroler Identität zu bewahren, und als beispielgebende Referenz hingestellt wird.

Hier vorab ein paar konkrete Informationen zum Projekt Tyrol-Tower:
• Ein Hotel der 4*-Superior-Kategorie mit ca. 125 Zimmern plus Wellness- und Seminarbereich
• Büroflächen in 6 Geschoßen vor allem für internationale Unternehmen
• Handelsflächen mit einer Gesamtfläche (!) von insgesamt weniger als 500 m2. Diese Flächen dienen rein der Versorgung der Nutzer des Towers. Geplant sind ein Tirol-Shop und für Tirol typische, kleine, auf Touristen ausgelegte Geschäfte wie zum Beispiel Riedel, Swarovski, Sportalm und ähnliche heimische Leitmarken. Das Thema "Factory-Outlet-Center" als Konkurrenz zur Innenstadt ist in dem Projekt nicht mehr enthalten.
• Wohnungen der gehobenen Kategorie mit der Möglichkeit der Servicierung über das Hotel. Hier werden wohl auch Zweitwohnsitze dabei sein, wofür Wörgl aber noch ein mehr als ausreichendes Kontingent besitzt.
• Restaurants, Cafés und Bars verschiedener Kategorien und eventuell ein Automaten-Casino vor allem für die Hotelgäste und die Zielgruppe aus dem Reiseverkehr

Der Standort wurde bewusst in der Mitte des neu zu errichtenden Kreisverkehrs Wörgl-Nord, welcher künftig die Inntalautobahn, die B178 ins Brixental und die Wörgler Nordtangente zusammenführen wird gewählt, weil dort das zu erwartende Verkehrsaufkommen keinerlei Probleme verursacht.

Der 137 m hohe Tyrol-Tower, der vom Wörgler Unternehmer Alois Wegscheider projektiert wurde und von der renommierten und weltweit aktiven Chicagoer Architektengruppe S.O.M. (unter anderem Planer des Sears-Tower in Chicago, des gegenwärtig mit 800 m höchsten Gebäudes der Welt, des Burj Dubai, und des Jin Mao Tower in Shanghai) als Antwort auf die aufstrebende Tiroler Bergwelt geplant wird, würde ein Investitionsvolumen von rund € 100 Mio. nach Tirol bringen, was als Impulsprogramm unter den gegebenen Wirtschaftsbedingungen für ganz Tirol enorme positive Auswirkungen haben könnte, ohne dass in diesem Fall die öffentliche Hand mit der Finanzierung zu tun hätte. Zur Erinnerung: Das Land Tirol hat die gleiche Summe als Konjunkturprogramm für das gesamte Land budgetiert. Dadurch würden rund 400 Arbeiter in der Baubranche für rund 2 Jahre beschäftigt, und danach hätten auch ein paar hundert Menschen aus unserer Region dort einen dauerhaften Arbeitsplatz.

Der Turm soll ein modernes Wahrzeichen des modernen Tirol werden, das es - ich darf daran erinnern - neben dem bäuerlichen Leben auch noch gibt. Der Tower wird auch energietechnisch zukunftsweisend sein, weil komplett auf Nachhaltigkeit gesetzt wird. Außerdem wurde er jüngst bereits Preisträger des International Architecture Awards.

Ja, Alpbach ist wunderschön und niemand würde auf die Idee kommen, die harmonische Kulturlandschaft mit den alten Bauernhäusern dort durch einen Tower zu verunstalten. Aber Alpbach ist nicht Tirol als Ganzes. In unserem Land gibt es auch eine moderne Komponente mit Industrie, Forschung, Innovationen und Wissenschaft. Auch für diese Felder muss Symbolik in unserem Land Platz haben, obwohl man bei uns gerne das Klischee eines idyllischen, folkloristischen Alpen-Disneyland pflegt. Die Lederhosenkultur hat durchaus ihren Platz bei uns, den fordere ich aber auch für den Tyrol-Tower ein.

Der Tower kann eigentlich nur an der geplanten Stelle errichtet werden. Nur hier ist das Inntal breit genug dafür, sind die Verkehrsanbindungen optimal, und ist keine Einflugschneise in Sicht. Viele Innsbrucker, die alles außerhalb der Landeshauptstadt als provinziell belächeln, wünschen sich, dass der Turm stattdessen in Innsbruck gebaut wird. Abgesehen davon, dass das aufgrund des Flughafens nicht möglich ist, wäre er dort aber mit Sicherheit einfach nur ein Hochhaus, wenn auch ein besonders großes.

Ich hoffe, dass die Verantwortlichen im Land den Mut aufbringen, das ambitionierte Projekt rasch zu genehmigen. Jetzt wäre der beste Zeitpunkt dafür.

Arno Abler
Bürgermeister der Stadt Wörgl
a.abler@stadt.woergl.at

Kommentare (3)

Kommentar vom: Freitag, 14. August 2009 14:11:36

Von mir aus kann ...

... in jedem Wörgler Kreisverkehr so ein Trum von Turm stehen, wenn dafür die angestammten Miniparadiese, also die kleinen Grünflächen-Oasen, erhalten bleiben.

Was gefällt mir auf dem Foto überhaupt nicht? Der Turm? - Nein, der spiegelt eh nur die Umgebung wider. Wenn also diese Umgebung paßt, paßt auch der Turm. Daher mißfällt auf dem Bild vor allem der Häringer Steinbruch ganz massiv. So ein schiaches Gebäude läßt sich gar nicht vorstellen, das es mit dieser Wunde im Berg aufnehmen könnte. Der Turm benimmt sich dagegen geradezu unauffällig.

Unter Umgebung verstehe ich vor allem die erwähnten Grünflächen. Die angestammten Wörgler Grünflächen werden leider immer weniger, anstatt daß deren Wert durch nachhaltige Pflege unterstrichen wird. Die einzige Ausnahme - nach der Filz -, die mir dazu einfällt, ist der ehemalige Schiberg Hennersberg. Seit man dort den Lift aufgelassen hat, entsteht wieder ein kleines Paradies, das so gut zum so schönen südlichen Naherholungsgebiet Wörgls paßt (solange nicht doch diese angedaachte Forststraße zum Buchboden gebaut wird).

Wirtschaftlich gesehen, bringt der Turmbau, Turmbetrieb und Turmerhalt offenbar nur Vorteile. Na dann nix wie ran ans Werk! Aber laßt um Gottes willen endlich die Finger von den Grünflächen, denn die sind bald mehr wert, als 27 Türme zusammen. Darauf Brief und Siegel.









Kommentar vom: Sonntag, 17. Mai 2009 14:10:56

Hoch hinaus

Der Tyrol Tower ist wahrhaft ein schöner Entwurf von SOM. Als zukunftsorientierter Tiroler fand ich das Projekt von Beginn an spannend. Wirklich. Eines möchte ich jedoch in die Diskussion werfen: Die Zukunft gehört nicht mehr der Gigantomanie. Höher, weiter, schneller - das darf nicht der Antrieb für den Tiroler Turm sein. Die Landmark-Architektur hat viel in unserem Verständnis für Architektur verändert. Spätestens seit dem Guggenheim Museum in Bilbao wissen wir, dass herausragende Architektur ein mächtiges Instrument ist, um eine Region zu verändern. Doch nun, wo wir in allen Teilen der Welt mit Landmark-Architektur zugeschüttet werden bin ich mir über dessen positiven Wert nicht mehr so sicher. China und Dubai überbieten sich darin gerade. Aber hat uns die brennende TV Zentrale Chinas nicht auch gezeigt wie wankelmütig Architektur ist: Sie kann auch schnell ins Gegenteil verkehren.

Was wird die Zukunft der Architektur bringen: Statt Egoismus muss Architektur verbinden, weil WIR das neue ICH darstellt. Landmark-Architektur wird langfristig durch Authentizität abgelöst. Wir müssen uns über den Sinn unserer Eingriffe im Klaren sein, und deutlich vor Augen halten dass das was wir heute Bauen viele Generationen nach uns noch beeinflusst. Das Stadtzentrum von Kufstein wird momentan beispielhaft nachhaltig ruiniert. Dort hat man leider nicht Richard Florida gelesen, der in einer weltweiten Untersuchung festgestellt hat, was Orte anziehend macht. Hier verkürzt das Ergebnis: 1.) Die Möglichkeiten die an einem Ort geboten werden, von Jobs bis Freizeit, 2.) die Services die ein Ort anbietet, um den Lebensalltag zu erleichtern, 3.) das klare Leadership mit deutlichen Zukunftsperspektiven, 4.) die Werte welche die Kultur eines Ortes prägen und 4.) die Ästhetik, die Schönheit. Und letzteres, so beton Florida, sei keineswegs nur ein Beiwerk.

Wir gelangen also in ein Zeitalter in der Werte, erlebbare Zukunftsbilder und Ästhetik eine zentrale Rolle für Orte spielen. Wir werden dementsprechend eine Architektur erleben die authentisch die Werte einer Region oder eines Ortes vertreten muss. Dies muss auch hier, beim Tyrol Tower, die Triebfeder sein. Die Gigantomanie sollte es jedenfalls nicht sein. Größe zieht an, das wissen wir. Aber sie ist nicht zwingend nachhaltig gut für eine Region.

Natürlich würde dieses Projekt einen Riesenwirbel auch über die Grenzen Tirols machen. Aber es würde auch das Bild Tirols nachhaltig und für lange Zeit verändern. Es ist, symbolisch gesprochen, wie eine Große Akapunkturnadel die man an eine der neuralgischsten Stellen der Tiroler Aura setzt. Persönlich habe ich, nach einer zugegeben anfänglichen Euphorie für das gigantische Projekt, nun ehrliche Zweifel. Vielleicht sollte Tirol den Trend der Türme nicht unbedingt mitmachen. Ich möchte mich mit dieser Aussage nicht sofort zum "Gegner" erklären. Jede Innovation muss und darf ihren Raum bekommen, aber auch ihre ehrliche Auseinandersetzung mit den Langzeitfolgen. Für diese Diskussion stehe ich gerne ein.


Antwort auf: Hoch hinaus
Kommentar vom: Sonntag, 17. Mai 2009 22:20:10

Es ist mir eine Ehre!

Lieber Harry,

ich freue mich sehr darüber, dass du als mittlerweile weithin anerkannter Vordenker und Zukunftsforscher den allerersten Kommentar in meinem neuen Blog abgegeben hast. Und ich kann dir in deinen Ausführungen nur aus tiefster Seele zustimmen.

Die Landmark-Architektur wird ohne tiefergehende Gründe wohl keine Zukunft haben. Hat man zu Anfang (Sears-Tower & Co) noch jeden aufstrebenden "Wolkenkratzer" bestaunt und für ein Symbol der technischen Möglichkeiten der modernen Zeit glorifiziert, wurde daraus irgendwann das "Immer mehr vom Gleichen", wenn auch höher, größer und teurer. Der Burj Dubai als vorläufiger Höhepunkt der vertikalen Architektur ist nicht wirklich etwas Neues sondern eben nur ein noch höheres Gebäude.

Allein unter diesem Aspekt darf man aber den geplanten Tyrol-Tower nicht sehen. Es ist schwer, wenn auch nicht unmöglich, immer wieder wirkliche Zäsuren in der Baukunst zu machen. Was kommt nach den Hochhäusern? Größer und höher allein führt nur zum von dir zu Recht kritisierten Gigantomanismus, nicht aber zu grundsätzlich neuen Aussagen, zu Weggabelungen, die in eine chancenreiche Zukunft führen. Der Tyrol-Tower versteht sich so auch nicht als Jetzt-auch-für-Tirol-ein-Turm sondern als zusätzlichen, bereichernden Akzent für unser Land in zweierlei Hinsicht:

Fürs Erste ist er ein Symbol für das moderne Tirol, das bisher nur sehr verhalten Platz hat hinter den bachsteingedeckten Bauernhäusern, den durchaus identitätsstiftenden Kirchtürmen oder den traditionellen Dorfkernen. Tirol ist mehr als klischeeverhaftete Heimat, mehr als die grundlegende bäuerliche Kultur, mehr als ein auf Schön getrimmtes Reiseziel. Tirol hat mit seiner modernen Technologie, mit weltweit erfolgreichen Unternehmen, mit Spitzenwissenschaft und Geistesgrößen auch Ecken und Kanten und ein Profil, das man meist hinter den touristischen Bildern zurücktreten lässt. Dafür könnte der Turm - wenn auch nicht für sich allein - durchaus stehen. Die Auseinandersetzung mit einem derartigen Symbol für das moderne Tirol wäre sehr spannend, bedarf jedoch natürlich eines klaren Konnex zu diesen Themen.

Das führt uns zu Zweitens, in dem der Tyrol-Tower als energietechnische Innovation für eine nachhaltige Bewirtschaftung stehen soll, sozusagen für ein tirolbezogenes Passiv-Hochhaus. Der Turm hat in seinem Konzept den Anspruch, weitgehend erneuerbare Energie einzu- und damit ein Zeichen für ein neues Energiezeitalter gerade bei uns in Tirol zu setzen. Das wäre eine Chance abseits der isolierten architektonischen und damit Identitätsfrage, Tirol als starke Kompetenzregion für dieses extrem zukunftsrelevante Thema zu sensibilisieren und zu positionieren.

Meine Vision des Tyrol-Towers geht in diese Richtung. Ein modernes Zeichen für ein engagiertes und zukunftsorientiertes Tirol, das nach innen und nach außen starke motivierende Signale in die Richtung eines neuen Energiezeitalters setzt. Ich würde mich freuen, wenn du das ähnlich siehst.

Herzliche Grüße nach Wien, lieber Harry.
Arno


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