Wörgler Dorfbrief

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Standort 6300, Wörgl
Datum . Dezember
Kategorie Verwaltung
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Beim Wörgler Dorfbrief, der wahrscheinlich aus dem Jahr 1609 stammt, handelt es sich um ein so genanntes Weisthum. Rechtsgeschichtlich betrachtet sind Weisthümer Schriftstücke des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, in den von öffentlicher Seite geltendes Gewohnheitsrecht einer meist ländlichen Gemeinde aufgezeichnet wurde, also eine Art Gemeindeordnung oder Dorfordnung.

Das Original des Wörgler Dorfbriefs ist verschollen, der Inhalt wurde allerdings überliefert:

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Wörgler Dorfbrief

(1609)

No 1.

Anfenglichen und zwar vor allen, all die weillen wir gemelt, das torf abgethailt und under zweierlei botmäsigkeit jurisdiction ist, also sollen auch ein ganz gemain und dorfschaft alda zu Wörgl auß und unter ihr selbst, gleich wie es von alters her alwögen bishero geschehn, zwen dorfmaister gesetzt werden.

Erstlichen sollen allzeit zu Martini zwen dorfmaister gesötzt und erwölt werden, einer in der herrschaft Rattenberg, wie bishero von alters beschehen, und auf welichen dis last fallt, so sollte sich kainer wöhren oder schöhen, damit nit die obrigkeit überloffen werden.

Ihro obligenheit und gerichtung in ortinäri empfangen.

Jährlichen so sollen alle rauchfeng bei baueren oder solheislern zweimal des jahrs visitirt werden, also somberszeiten zu Pfingsten, winderszeiten zu Weinachten, mit zusichnembung des felthieters und ietswötern befelchen solichen zu seubern und zu butzen, wo es von vorspirt wird; welicher aber soliches nit tut achtag vor gemelter heiliger zeit, so solle derselbe in dis torftrichl 24 kr. und den zwen dorfmaistern iedem 3 kr. schultig sein.

No 2.

Mit disen so hat es dem alten herkomen nach sein bewente; welicher aber sein schultigkeit zweitlichen nit abgelögt und sein gebürenten bannzaun nit macht, soll gleichfalls als ein nachlößiger in das torftrüchl 15 kr., iedem dorfmaister 6 kr, dem felthieter 3 kr.

Wann aber ein dorfmaister oder felthieter ihme zu nutzen bewißlichen nechtlicher weil oder sonsten ein zaun aufrisse und, wie gemelt, hie infalls ihme zu nutzen machen wolle, sollte zu klagen bevor stehen und der obrigkeiten dis abstattung zu dain resignirt sein.

No 3.

Nit weniger, welicher über beschechener wornung (wohrung?) seinen zaun so liederlich machen oder der gestalten abgehen lassen wurde, daß ein roß oder anders vich zu schaden gehen kunte, der selbe sollte, und auch der, welicher ein soliches hinweg zu dain gewarnet und er es nit tuet, iedes mahl, so oft es geschicht oder befunden wurde, den torfmaister 6 kr. und dem felthieter 3 kr. zu geben schultig sein.

No 4.

Disgleichen sollen die dorfmaister und felthieter ihr fleissiges aufsehen haben, won etwa (wohn etwas) in solichen iren feldern ein frembtes vich, es sei, was es wöll, in schaden (schatten) betroffen wurde, solle soliches als in den gericht Kuefstain unter der lantstraßen in dem Bäsler-felt in der Köglischen würtdarfern, und wann in dem Mosner-felt oder Winkler-felt betröten wurde, zu der Grätlischen wiertdafern, enter der brug aber in das wierthaus bei Lämpl, alles mit hie benenten pfantställen (bevantställen) aines mals getriben werden und ein soliches der obrigkeit angezaigt, und wer nicht vor schaden umb soliches gepfentes vich anmeltet, von deme auch noch proportion dieser weislichen schaden und billichmessigen penungen der unkosten guet gemacht, und wögen dis schaden die gebür zu gesamter (gesandt) nachbarschaft muß in das dorftrüchl gelögt werden.

No 5.

Auf daß nun auch gesamte (gesandte) nachbarschaft wisse (wisse fehlt), weliches felt zu haien sei, sollen die dorfmaister alldorten aus stro ein zaichen ausstöcken, so der velthaier genant, und dahero so dann sich niemant unterstehen sollte, aldorten ein roß oder vich einzuhengen, zu hieten oder waiden zu lassen, bis si dorfmaister zum ersten einschlagen; welicher sich aber, wie gemelt, unterstehen wurde, vor den torfmaistern einzuschlagen oder vich einzulaßen, hengen, heiten oder waiden zu laßen, der solle auch in dises dorftrüchl 30 kr., den dorfmaister 3 kr. und den velthieter 3 kr. zu geben schuldig sein.

No 6.

Wellicher etwo zu auß- und einfahrt oder ander gelegenheiten da und dort den zaun aufreißt und lucken aufbricht, der solle sie wiederumb zumachen oder die lögen aufrichten; der soliches nit tuet und dardurch schaden geschicht, sollte solichen abtragen, auch den dorfmaister und felthieter ihr gebür bezahlen.

No 7.

Baide einfeng, so wohl der in obern, als der in (in fehlt) heruntern Länthall sollen ieder zeit den 6. mai oder an st. Pangrazi tag umb und umb verfreit und zugemacht werden, und sie dorfmaister und auch der felthieter fleißig acht haben, damit die lögen und gätern nit aufgerissen werden, daß nach den heimädern auch hinnach ein vichwaid waxen möge. Welichen einfang acht tag vor und acht tag nach st. Laurenzi durchgeheuts abgemäht und geheigt wurden, darhero keinem, seie er, wer er wolle, in disen einfeng, noch auch in Drapetfelt, ein aftl-graimat zu machen gestattet werden möge (mögen), und der sich dessen underfangt und zuwider handelt, der solle in das torftrüchl 30 kr, baiden dorfmaistern und felthieter iedem 3 kr. zu geben verfallen sein.

No 8.

Daß derjenig, so auf des felthieters andeuten sein revd. schwein , so bald es äber wird, nit ringlet und auf das felt gehen lassen solle, von iedem stuck in die gemain caßa 15 kr., den dorfmaistern und felthieter auch iedem 3 kr. erstatte.

No 9.

Zumahlen dann auch von gesambter dorfschaft dahin beschlossen worden, daß keine gens mer in diese felter oder auen, alwo das hören- und chlovich ir wonn und waid hat, nit treiben oder gehen zu lassen, also sollen sich die nachbauren dessen enthalten und ent treiben, alwo schlechte waid und niemant zu schaden gehen kunten.

No 10.

Nachdem sich bereits ain ieder understat (ai nieder understat] in ieiter understandts öhl) , lauber zu rechen nach sein belieben und haimb zu bringen, also solle hinfiro solich angestalt gemacht werden, daß in dem hörbst die dorfmaister allen und ieden einen gewissen tag benennen (benehen) und andeuten, alda ieder sein gebühr laub rechen mag; welicher aber vor solicher zeit sich unterstehen wurde, laub zu rechnen, dem sollen es die dorfmaister hinwöck nehmen und unter die gemain auftailen.

Und der ungehorsambe wögen seines oder soliches verbröchen bei obrigkeit beklagt und alle ersötzung begert, auch von deme in das trüchl 30 kr., den dorfmaister und felthieter iedem 3 kr. ersötzen werden.

No 11.

Deßgleichen (daß gleichen) alle die weillen in den auen (auen] andern) an den öhrlen, so mahlen ohne daß zu den archen und sonsten högsten vonnöten, große verwiestung geschechen, in dem wald ein ieder, vorab die sölheusler die schönsten und langsten zu vies wöllen reisen, genomben und das übrige verhagt, dahero welicher dergleichen haben will, solle sich bei den dorfmaistern anmelden, im widerigen falle (falle fehlt) ihme soliches hinwög genomen werde.

No 12.

So gibts die erfahrung, daß ein oder ander baur heu verkauft und aufvuetern (auf vedtern) laßt und noch dazu soliches vich von fuedern und anderen auf die waid zu kehren verwilliget.

No 13.

Des nit weniger, er seie, wer er wolle, so auf die gemain waid vich, ain roß, kue oder schaft einnemben, des mögen sie dorfmaister fleißig absicht haben und auf betreten von demienigen, so soliches vich einnimbt, von einem roß ein gulden dreißig kreizer, von einer kue 1 fl., item revd. schwein 30 kr., von einem schaffe 15 kr.

No 14.

Disgleichen, wann die söllheusler und klain trager auf die gemain und waid vich aufkehren und außtreiben, ein ieder von einem pferd 1 fl. 30 kr., von einer kue 1 fl., von ainem revd. schwein 30 kr. und von einem schafl 15 kr. grasgelt den dorfmaister zu göben schuldig sein, dieser aber soliches gelt in das dorftrüchel legen.

No 15.

Ebenfalls sollen sie söllheusler und klain trager wegen des holzens, sonderbar des hagens halber, sich (sich fehlt) beschaidenlich verhalten, keinen aignen gewalt prauchen, sonder ieder zeit die dorfmaister darumb befragen.

No 16.

Und dieselben sowohl disfalls auch wögen des vischens, stain- und holzklaubens und sonsten in all anderen, sowohl als die bauren, was und so vil es ieden thails berürt, allem dem, was vor alegiert urkund in sich begreift und haltet, und dem … zu glauben verbunden sein (sein fehlt).

No 17.

Hiemit hingögen denselben bewilliget sein, des klaubholz sich zu bedienen, iedoch ohne hack und anderer gestalten keineswögen.

No 18.

Auf das wögen der sölleut und klain (klain und ein) trager ein richtigkeit wegen ihrer schuldigkeit erhalten werde (werden), so ist beschlossen und auch bewilliget worden, daß ein ieder für ordinari und extraordinari steuern, weliche wie bishero völlig (volig) von den inhabern der steuerbaren güter abzurichten, järichen allweg umb das neujahr 36 kr. erlöge, so zu abrichtung des dorfes oblögenheiten in das dorftrüchel gelögt und mit andern verraitet werden solle.

No 19.

So ist dann dises dorf Wörgl nit allein an der Salzburger lantstrassen, sonder auch negst am Instromb entlögen; dahero mueß es in ain und anderen , so wol kaiserlich als lantfürstlich soldaten rasttag, nachtlöger, einkehrens und durchzigen vill ungemacher leiden und ausstehen, wie auch archen, pruggen und weg, nit weniger der kirchen und dem lantfürstlichen urbar zu dem zolhaus Rattenberg mit stift unterworfen, in welichem alles diese gemain oblai, gleichwie das dorf abgetailt, also auf ain seiten Kuefstain die zwai, und Rattenberger seiten das drittel angelögt werden sollen.

No 20.

Also hat sich die nachparschaft paiderseits unterrödt und beschlossen, auch für guet befunden wegen obernenten ortsausgaben und einkunpften beider seiten ain (ain fehlt) aigenes trüchel zu schaffen, darzu die dorfmaister allen gewalt, alle einkunpften in dasselbige zu legen, darvon, wie gemelt, die järliche kirch- und zolhausstift, nit weniger dem feldhüter sein jährlichen har p. 30 kr., dem schaflhüter per 9 kr. und sonsten iedes (ihes), was in gemain fürfallt und das dorf angeht, zu bezahlen.

No 21.

Umb Martini bei sazung der dorfmaister und deswegen järlichen allzeit umb das neujahr in beisein gesambter dorfgemain, und zwar ain jahr in der Grädtlischen, das ander in der Köglischen, und das dritte jahr in dem wiertshaus beim lämpl in Rattenberger gericht ordentliche raitung gehalten werden solle, dabei ein ganze nachbarschaft sich in allem und andern kann unterreden und den dorfmaister dasjenige ansagen und auftragen.

No 22.

So nun die dorfmaister oder felthüter, auch ain und andrer nachbar, der nachbarschaft was zu hinderbringen oder sie nachbaren selbsten ein zusamenkunft haben wolten, so sollten die dorfmaister auch die darunter begreifen, wohin selbig ansagen, fleißig erscheinen, und welicher ohne rechtmäßiger sach nit erscheint, solt in die dorfscaßa oder trüchl 15 kr., den dorfmaistern 6 kr. und dem felthüter 6 kr. zu geben schuldig sein.

No 23.

Und was dann die mehren abröden und beschließen, sollen die dorfmaister verrichten, die wenigern aber nach laut buchsag und andern rechten unwidersötzlich volgen müßen.

No 24.

Welicher dahero wegen obiger punkten sich widerspenig erzaigen und darumb bei obrigkeit verklagt werden müße, es sei, bei welicher obrigkeit es woll, so solle derselbige, welicher von der nachbarschaft abgeordnet und bewahliget worden, für die schicht und zehrung den tag 24 kr. empfangen haben.

Volgent der ordinari außgaben der dorfmaister alhie also jarlich:

Auf der Kuefstainer seiten:

erstlich zu dem lobwürdigen S. Lorenzi gotshaus und gewen-
liche kirchenstift und raitung: 30 kr.
zolambtstift 1 fl. 20 kr.
felthieterlohn 4 fl. 40 kr.
felt-har 20 kr.
schäflhieter-har 6 kr.

6 fl. 56 kr.

Wie auch auf Rattenberger seiten:

zu kirchenstift 15 kr.
zolambt 40 kr.
felthieterlohn 2 fl. 20 kr.
felthieter-har 10 kr.
schäflhieter-har 3 kr.

3 fl. 28 kr.

Summa 10 fl. 24 kr.

Quellen

  • Ignaz von Zingerle und K. Theodor von Inama-Sternegg - Die tirolischen Weisthümer, I. Theil: Unterinnthal

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