Die “Barackenschule”

- ein Meilenstein auf dem Weg zur “Schulstadt Wörgl”

Im heurigen Jahr wurde das 50-Jahr Jubiläum des Bundesschulzentrums mit einem Festakt begangen.
Seit dem Schuljahr 1973/74 sind in dieser Schule das Bundesrealgymnasium (BRG) sowie die Städtische Handelsschule (HAS) und –handelsakademie (HAK) untergebracht; die Geschichte von BRG und HAS in Wörgl beginnt aber schon früher, nämlich mit dem Schuljahr 1967/68.

Die Städtische Handelsschule startete mit zwei Klassen und 85 Schülerinnen und Schülern, wobei Dr. Hans Vill von der HAS Schwaz als Direktor fungierte. Bereits zwei Jahre später besuchten in Wörgl gleich viele Jugendliche diesen Schultyp wie im alteingesessenen Schwaz (ca. 200). Damit konnte dem Manko, dass die zwei industriereichsten Bezirke des Unterlandes ohne kaufmännischen Nachwuchs dastehen, Abhilfe geschaffen werden; die nächsten Handelsschulen befanden sich in Schwaz und Innsbruck. Ab dem Schuljahr 1970/71 lag die Leitung der Schule in den Händen von Dipl.Vw. Sebastian Mitterer (bis 1999). Mit 1. Jänner 1975 wurde die Schule vom Bund übernommen - eine große Erleichterung für die Stadt Wörgl, die Umlandgemeinden sowie die Eltern, die nun kein Schulgeld mehr zu zahlen hatten.

Aus dem Einzugsgebiet der Stadt Wörgl besuchten 1966 156 Jugendliche das Gymnasium in Kufstein, sodass auch von Kufsteiner Seite großes Interesse an einer Etablierung dieses Schultyps in Wörgl bestand. Das BRG begann 1967/68 mit einer ersten Klasse als Expositur des Kufsteiner Gymnasiums - räumlich noch in Kufstein untergebracht – und unter der Leitung von Direktor Johann Danner, der auch dem BRG Kufstein vorstand.
Im Herbst 1968 wurde der Unterricht erstmals in Wörgl abgehalten, mit zwei ersten und einer zweiten Klasse und insgesamt 105 Schülerinnen und Schülern sowie 10 Lehrpersonen. Die große Bedeutung der Wörgler Schule geht auch daraus hervor, dass bereits im Jahr 1971 100 Neuanmeldungen vorlagen, für Kufstein lag diese Zahl bei 80.
Ab 1970/71 fungierte Herbert Eder als pädagogischer Leiter; ab 1. Jänner 1975 als Direktor (bis 1988).

Die Stadt – allen voran Bgm. Rupert Hagleitner und Gemeinderat Rudolf Morandell (für die Handelsschule) - hatte die Vision von der “Schulstadt Wörgl” und diese auch gegen großen Widerstand (die Stadt Kufstein wollte unbedingt Sitz der Handelsschule werden) durchgesetzt.

Aber es herrschte große Raumnot an den Wörgler Schulen!

So war es erforderlich, die 4. Klasse Volksschule in Bruckhäusl unterzubringen – ein für Schüler, Lehrer und Eltern untragbarer Zustand!

Als Übergangslösung bis zum Bezug der Modellschule in Fertigbauweise an der Innsbrucker Straße wurde die Anschaffung einer Schulbaracke (offizielle Bezeichnung Schulpavillon) beschlossen.
Nach einer Bauzeit von nur 2 Monaten wurde diese am 14. September 1967 eröffnet. Das Gebäude stand hinter der ehemaligen Kaserne an der Dr.-Franz-Stumpf-Straße und hatte ein Ausmaß von 13 x 87 m. Es bot Platz für 16 Schulklassen, ein Konferenz- und 2 Direktionszimmer, 2 Waschräume und 2 WC-Anlagen und kostete 2 Millionen Schilling – in heutigem Geldwert € 905.000; es gab also weder einen Turnsaal noch Räume für den Unterricht von Physik, Chemie, Handarbeit, Werkerziehung und Bildnerische Erziehung. Der Unterricht in Leibesübungen fand je nach Witterung und Jahreszeit am Sportplatz, auf der Schipiste, auf der Rodelbahn am Hennersberg, am Eislaufplatz beim Badl oder im Kirchbichler Strandbad statt.

Im letzten Schuljahr vor Übersiedlung in die neue Schule besuchten ca. 600 Jugendliche in 20 Klassen die “Barackenschule”!
Direktor Eder in der Wörgler Rundschau vom 29.09.1971: “Wir haben im heurigen Jahr 12 Klassen, es stehen in der Baracke dafür acht Räume zur Verfügung, außerdem ein Raum in der Volksschule – es fehlen also drei Räume”.
92 Wörgler Kinder hatten deshalb durchgehend Nachmittagsunterricht von 13.25h bis 18.40h und am Samstag von 10.55h bis 13.20h. Auswärtige waren davon ausgenommen, da abends keine passende Verkehrsverbindung bestand.

Die Ausstattung mit Lehrmitteln war für heutige Verhältnisse äußerst bescheiden: So konnte im Jahr 1970 durch die Anschaffung von zwei Buchungsmaschinen, drei Rechenmaschinen, zwei elektrischen Schreibmaschinen, zwei Diktiergeräten und einen Vervielfältigungsapparat “der für einen optimalen Unterrichtserfolg notwendige Maschinenpark fast erreicht werden” - so Dipl.Vw. Sebastian Mitterer im Jahresbericht 1970/71.

Direktor Herbert Eder zum 25-Jahr Jubiläum der Schule: “Die Schulbaracke war nicht groß, unserem BRG standen für die 8 Klassen nur 8 Räume zur Verfügung - sonst nichts, und das Konferenzzimmer mussten wir mit der HAS gemeinsam benützen - aber es ging. Ja, ein Schuljahr lang, doch dann kamen wieder vier Klassen dazu, und dann ging es nicht mehr. Also musste eine Klasse im Keller der Volksschule untergebracht werden und für drei Klassen einige Monate Nachmittagsunterricht eingerichtet werden, bis wir dann drei Räume in der Kaserne benützen konnten. Im nächsten Schuljahr hatten wir 16 Klassen, und da half uns das Tagungshaus Wörgl mit vier Räumen. Also ging es wieder, wenn auch noch immer ohne Sonderunterrichtsräume, ohne Turnsaal und ohne Sportanlage.”

Stadtchronist Toni Scharnagl

Kontakt: chronist@stadt.woergl.at