Ein Blog von Arno Abler
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Wirtschaft und Arbeit - Editorial Stadtmagazin 5/2009

Die Wirtschaftsforscher sind sich seit einiger Zeit in einem Punkt einig, nämlich dass ihre bisherigen Prognosen immer zu optimistisch waren. Die Vorschaudaten werden daher immer wieder nach unten korrigiert, so als ob es zumutbarer wäre, wie kürzlich ein Kolumnist in einer österreichischen Tageszeitung geschrieben hat, einem Hund seinen Schwanz in kleinen Stücken abzuschneiden als im Ganzen.

Die Krise, die wir in unseren Breiten trotz täglich veröffentlichter Insolvenzen noch immer als Wetterleuchten im Gebirge wahrnehmen, hat neben der bereits früher erwähnten psychologischen Dimension – ein paar vorsichtige Bremsmanöver führen zu einem heillosen Stau auf der Autobahn – mehrere Ursachen, die man einzeln analysieren muss:

Zum einen war es das bekannte und allseits kommentierte Versagen der Finanzmärkte, die in den letzten Jahren eine enorme Inflation erfahren haben. Diese ist in der Realwirtschaft nicht wahrgenommen worden, weil der Warenkorb, der den Verbraucherpreisindex und damit unsere geläufige Inflationsrate bemisst, keine Finanzprodukte enthält. Sichtbar war sie aber trotzdem in den rasant steigenden Aktienkursen, den unübersichtlichen Finanzderivaten, die ständig neue Höchstrenditen versprachen und den ständig steigenden Immobilien“werten“, die leichtfertig zu neuer Verschuldung der Eigentümer führten. Geld war ohne Ende vorhanden, aber leider nur in Form von „Spielgeld“. Die bilanzierten Positionen entsprachen nicht dem echten Wert im Gefüge der Realwirtschaft. Diese Blase ist geplatzt und wir brauchen eine Reform des Geld- und Finanzsystems.

Dazu trug auch entscheidend bei, dass die – zumindest westliche – Welt immer mehr auf Pump lebte, die Staatsverschuldung allenthalben zunahm, die Sparquoten sanken und das Geld in Saus und Braus für Dinge ausgegeben wurde, die eigentlich niemand braucht. Ich rede hier nicht einer neuen Askese das Wort. Es geht nicht darum, unser sauer Verdientes zurückzulegen und irgendwann zu vererben, sondern darum, zu überlegen, wofür wir es am besten ausgeben sollten?

Ich führe hier einfach ganz frech den Begriff des ‚Nutzenkoeffizienten (NK)‘ ein, einer Maßzahl dafür, wie nützlich ein Produkt oder eine Dienstleistung am Markt gesamtwirtschaftlich ist. Güter wie Nahrungsmittel, Bekleidung und ein Dach über dem Kopf haben solange einen Nutzenkoeffizienten von Eins als man sie zum Überleben braucht. Das Grattenbergl um zwei Meter zu versetzen, würde zwar viele Arbeitsplätze schaffen, hätte aber einen NK von Null, weil es völlig sinnlos wäre und absolut keinen volkswirtschaftlichen Nutzen stiften würde. Ein hoher Nutzenkoeffizient ergibt sich vor allem überall dort, wo die Produktivität der menschlichen Leistungen gesteigert werden kann.

In den letzten Jahren hat die industrialisierte Welt als Vorreiterin der Weltökonomie nach dem einfachen Motto „Immer mehr vom Gleichen“ in vielen Branchen keine wesentliche Produktivitätssteigerung mehr erzielt. Die Autos sind zwar sicherer, technisch leistungsfähiger und effizienter geworden aber sie fahren seit vielen Jahrzehnten mit dem gleichen fossilen Treibstoff, bewegen immer noch die zehnfache Masse für meist nur einen einzigen Fahrer durch die Gegend, fahren schneller als sie dürfen, brauchen gleich viel Platz in der Innenstadt wie eh und je und sind außerdem ohnehin schon überall ausreichend verfügbar. Mehr vom Gleichen, auch wenn ständig verbessert, lässt den NK sinken und birgt die Gefahr, dass darauf bei Unsicherheiten leicht verzichtet wird. Das neue Auto kann ruhig noch zwei Jahre warten.

Grundsätzlich gibt es in einer arbeitsteiligen Gesellschaft für jede und jeden (!!) etwas zu tun. Das ergibt sich aus der Logik, dass die zu verteilende Wertschöpfung einer Gesellschaft und damit auch das durchschnittliche Einkommen mit jedem Einzelnen, der dazu seinen Beitrag leistet, wächst. Dass es trotzdem Arbeitslosigkeit gibt, ist nicht notwendiger Teil des Systems, sondern ist ausschließlich auf falsche Rahmenbedingungen zurückzuführen.

Eine davon ist die fehlende Steuerung von Arbeitsressourcen in neue Geschäftsfelder mit hohen Nutzenkoeffizienten wie zum Beispiel im Umweltschutz, im Sozialbereich, in der Bildung und auf dem Feld der erneuerbaren Energie. Auch das Internet birgt noch enorme Produktivitätssteigerungen, die zahlreiche sinnvolle Arbeitsmöglichkeiten eröffnen werden. Ich lade daher ein, aktiv auf die Suche nach diesen neuen Branchen und Betätigungsfeldern zu gehen, die qualitatives Wirtschaftswachstum anstelle des Immer-Mehr versprechen. Nicht nur die Umwelt, auch die nachfolgenden Generationen werden es uns danken.

Ihr Bürgermeister
Arno Abler
a.abler@stadt.woergl.at

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